Pontoniere auf Abwegen – ein Brückenschlag wider Wille

Foto: Christian Rieder (Klick aufs Bild, um den Standort zu ermitteln)

Ils n’étaient pas d’accord, dass man sie als Pontoniere ausgerechnet auf den Wisenberg und den Walten assignierte, um hier oben in den Höhenzügen des Juras beim Bau der Fortifikation Hauenstein mit Hand anzulegen.

Ils n’étaient ABSOLUMENT PAS d’accord!

Pontoniere und Gebirgslandschaften – das passte für sie schlicht und einfach nicht zusammen. Ja, sie fühlten sich von alters her zu Höherem berufen – allerdings nicht topografisch: zum militärischen Brückenbau, jawohl – und zwar über Flüsse, EXCLUSIVEMENT!

«Ponton komme von französisch pont, pont für Brücke!», betonten sie mit dem Nachdruck eines Gustave Eiffel – als hätte man ihm persönlich die Schuld am Einsturz der Birsbrücke bei Münchenstein gegeben. Ponton! Als ob das jemals zur Diskussion gestanden hätte.

Nach des General Willes Willen begann auch ihr Tag in aller Herrgottsfrühe – mit kräfte- und nervenzehrenden Drilleinheiten und Gewehrexerzieren, stramm nach preussischer Manier. Und abends, bei der Rückkehr ins Kantonnement, wartete exakt dasselbe soldatische Erziehungsprogramm. Dazwischen: Knochenarbeit am Tiefbau der Fortifikation Hauenstein, die erst nach schweisstreibend-stündigen Fussmärschen hinauf in die steilen Jurahöhen erreichbar war.

Es sollte ihnen also nicht besser ergehen als den übrigen Schweizer Soldaten im Ersten Weltkrieg. Denn kaum einer entging dem Ruf in die missliebige Fortifikation Hauenstein – beinahe jeder fand sich während seiner Aktivdienstzeit mindestens einmal in ihren schroffen Höhen wieder.

Das Schicksal der Pontoniere: Sie gehörten zu den Genietruppen. Et les génies – sie waren in ihrer Gesamtheit nun mal unverzichtbar für den Bau der Fortifikation Hauenstein.

Zu den Genietruppen zählten damals die Ingenieuroffiziere, die unermüdlichen Sappeure, die technisch versierten Telegraphen- und Funkerpioniere – und selbstverständlich die robusten Eisenbahnarbeiter. Und eben auch die Pontoniere. Aber nicht nur sie: Auch die «Ballon-Pionier-Kompagnien», kurz die Luftschiffer, ebenso wie die Signalpioniere und die Scheinwerfekompagnie gehörten dazu. Strassenbau, Schützengräben ausheben, Unterstände betonieren – es gab keine Ausnahme, weder für die Ballonfahrer noch für die Brückenbauer.

Und doch vertraten die Pontoniere ihre dedizierte Meinung: Für den Bau der verfluchten Fortifikation seien nicht etwa sie zuständig, sondern ausschliesslich die Sappeure – oder, ginge es nach ihnen, auch italienische Gastarbeiter, die sie abfällig «Tschinggen» nannten.

«Sappeur», so erklärten sie überzeugt, habe seine Wurzeln in der französischen Militärsprache und leite sich von «sappe» ab, lateinisch «sappa». Et voilà! «Sappa» bedeute «Schaufel», «Spitzhacke» – und nicht etwa «Brücke». Und selbst die «Tschinggen», so fügten sie fachkundig hinzu, sprächen von «zappa», also «Hacke». Schliesslich, so ihr Argument, seien die Sappeure seit jeher – seit der Zeit Seigneurs de Vauban mindestens, wenn nicht gar seit den Römern – mit dem Ausheben von Sappen betraut: von Sappen! Lauf- und Annäherungsgräben vor feindlichen Stellungen und Festungen. ALSO!

Eine klare Fehleinschätzung. Beim Blick auf die Fotografie lässt sich das Truppenzeichen der Pontoniere in den bewaldeten Steilhängen des Stützpunktes «Untere Lind» auch nach über hundert Jahren noch klar erkennen – eine kunstvolle Steinmetzarbeit, die den Zahn der Zeit überdauert hat. Wahrscheinlich ausgeführt von einem meisterhaften Sappeur – auch ein GENIE! D’accord hin oder her.